BESUCH DER SCHULE PASTORCITOS DE BELÉN
OKTOBER 2008
Dieses Mal reiste ich mit unserem einzigen männlichen Vorstandsmitglied, Martin, nach Nicaragua. Eine kleine herzliche Gesellschaft erwartete uns am Flughafen. Der kleine Cristopher, überreichte uns ein Blümlein. Ja, das ist es, was dieses Land so ganz speziell macht, die Wärme und Herzlichkeit der Menschen!
In La Paz de Carazo wohnten wir in der Nähe der Schule, zusammen mit Sor Carmen und Sor Magdalena, dem 7-jährigen Cristopher, den sie bei sich aufgenommen hatten, da seine 14-jährige Mutter nicht fähig war für ihn zu sorgen, der 25-jährigen Francis, die sie ebenfalls bei sich aufgenommen haben und der jungen Schweizerin Corina aus St.Gallen. Nach dem Abschluss ihrer pädagogischen Ausbildung, leistet Corina nun einen Einsatz an der Schule Pastorcitos de Belén und unterrichtet in allen Klassen Englisch.
Wasserbehälter im Bad
Das Haus ist sehr einfach und da wir noch in der Regenzeit waren, auch feucht. Es hat kein fliessendes Wasser. Nur am Morgen früh zwischen 3 und 4 Uhr kommt das Wasser durch die Leitung und es muss in Behälter abgefüllt werden, damit am Tag Wasser zur Verfügung steht. Das heisst, dass die 35-jährige Sor Magdalena jeden Morgen zwischen 3 und 4 Uhr aufstehen muss, um die Wasserbehälter zu füllen. Im Haus hat es eine Dusche, aber nicht wie wir uns dies vorstellen. Neben dem WC wird sie durch einen Duschvorhang abgetrennt. Dort stehen am Morgen 2 grosse Behälter mit kaltem Wasser gefüllt und ein kleines Becken, um sich das Wasser über den Körper zu leeren. Uh.., am Anfang war das kalte Wasser immer ein kleiner Schock, v.a. beim Haare waschen! Auch das WC hat nicht einfach eine Spülung, sondern man muss mit Schwung einen Kübel Wasser hineinschütten. Es kommt auch vor, dass in der Nacht kein Wasser kommt, hmm… dann wird es schwierig!!
Tiere auf der Strasse in La Paz de Carazo
La Paz de Carazo ist ein kleiner Ort auf dem Lande. Autos sieht man fast keine. Die Kinder spielen, ohne Spielsachen, wie Trottinett, Rollbrett, Rollerblades und Velo auf den Strassen oder klettern auf Bäume. Hühner, Hähne, Schweine und Hunde spazieren frei herum. Es gibt ein paar kleine, von zu Hause aus betriebene Läden, eine Apotheke, einen Park in der Dorfmitte, wo man sich trifft und wo sich auch die katholische Kirche befindet. In ein paar Privathäusern hört man fast jeden Abend die Gesänge der evangelischen Freikirchen. Gegenüber unserem Haus war auch eine solche Kirche. So hatten wir fast jeden Abend Gesänge und Predigten, denn hier hört man alles voneinander. Die Häuser bestehen aus dünnen Mauern und einem Blechdach, ganz ohne Isolation. Beim Üben mit der elektrischen Gitarre bekommt man auch alle Misstöne zu hören! Die ganze Nacht bellen Hunde oder krähen Hähne. Anfänglich hatten wir Mühe zu schlafen, aber man gewöhnt sich schnell. Morgens zwischen 4 und 5 Uhr sind die Bauern schon mit ihren Ochsen-Karren unterwegs. Sie gehen auf ihr kleines Stück Land, um es zu bewirtschaften.
Schüler liest uns ein Gedicht vor
Schülerin tanzt Nicaraguanischen
Volkstanz
In der Schule wurden wir von einer Schar freudiger Kinder erwartet. Mit den Lehrerinnen zusammen hatten sie für uns einen schönen Empfang vorbereitet. Wieder spürte man sogleich die nicaraguanische Herzlichkeit. Ein kleiner Junge hatte sich die Begrüssungs- und Dankesworte auf ein schon etwas zerknittertes Papier aufgeschrieben und las sie uns vor. Der beste Schüler der 6. Klasse, Samuel, trug uns ein langes Gedicht auswendig und mit der passenden Gestik vor. Sie überraschten uns mit vielen fröhlichen nicara-guanischen Volkstänzen. Die Tänzerinnen und Tänzer waren allerdings sehr scheu und rannten nach ihren Auftritten schnell davon. Herzliche Dankesworte richteten auch die Lehrerinnen an all diejenigen, welche die Schule unterstützen. Ganz unerwartet musste auch ich einige Worte an die Kinder richten, auf Spanisch wohlgesagt! Im ersten Moment fiel mir dies nicht leicht, aber es klappte dann doch. Am Schluss kamen viele Kinder zu uns und umarmten uns. Dies war wieder ein sehr emotionaler Augenblick. Natürlich durfte es auch nicht fehlen, dass wir alle Kinder und Lehrerinnen mit „Schweizerschoggi“ beschenkten! Später schauten wir uns den Unterricht in den einzelnen Klassen an. Aufgefallen ist uns die Lehrerin Victoria, welche die 3. Klasse unterrichtet. Sie hat eine sehr gute Disziplin in der Klasse und die Kinder haben sich mit Engagement am Unterricht beteiligt. Ich hebe dies hier so sehr hervor, weil die Disziplin und Konzentration ein grosses Problem ist. Die Kinder kommen oft aus Familien mit vielen Problemen oder leben mit einer jungen Mutter zusammen und es geht zu Hause in erster Linie darum, genug zu essen zu haben. Viele Eltern haben kaum je die Schule besucht.
In der Schule
In Nicaragua gibt es auch eine Volksschule, aber dort sind ca. 50 Schüler in einer Klasse. Viele Kinder kommen unregelmässig zur Schule, sind undiszipliniert und machen die Hausaufgaben nicht. Bei so vielen Kindern ist es unmöglich, sich um die Probleme der einzelnen Kinder zu kümmern. Dadurch sind leider auch die meisten Lehrer und Lehrerinnen an der Volkschule demotiviert. Wer kann, schickt seine Kinder an eine Privatschule. Mit unserer Schule möchten wir, dass auch Kinder aus mittellosen Familien und von allein erziehenden Müttern eine gute Schulbildung, einen Halt im Leben und ein offenes Ohr für ihre Lebenssituation erhalten. Wir möchten die Klassen klein halten, damit genügend Zeit bleibt, sich um die einzelnen Kinder zu kümmern. Man kann bei einigen Kindern erstaunliche Fortschritte feststellen. So ist eine Schülerin, die anfänglich sehr unregelmässig zur Schule kam, die Aufgaben nie gemacht hatte, heute sogar Klassenbeste.
Wir führten intensive Gespräche mit der Schulleitung. Es ging um Evaluation, Standortbestimmung, Projekte und Budget. Ein Projekt konnten wir noch während unseres Aufenthaltes realisieren. Es stand der Schule kein Computer zur Verfügung und sie mussten entweder von Hand schreiben oder ihre Schreibarbeiten auswärts geben. Wir konnten einen neuen Computer mit Drucker zu einem günstigen Preis anschaffen. Dies löste grosse Begeisterung aus. Ein Internet-Anschluss ist vorläufig aber zu teuer, zumal die Leitungen in diesem kleinen Dorf sehr schlecht sind. Weitere Projekte sind: Patenschaften, einen Wassertank für die Schule und Schulbücher für die Kinder. Bis jetzt haben die Kinder keine Schulbücher; nur die Lehrerinnen haben zum Unterrichten in einzelnen Fächern ein Buch. Wir haben uns erkundigt was dies kosten würden: Bücher kosten für alle Kinder in allen Fächern zusammen ca. Fr. 6500.-. Dringend sind auch die baulichen Erweiterungen (2 neue Schulzimmer). Das Bauen ist in Nicaragua extrem teurer geworden. Die vorgelegten Offerten liegen weit über unseren Möglichkeiten und es muss nach neuen Lösungen gesucht werden.
Wir sind zurückgekommen mit viel Motivation, weil wir überzeugt sind von dieser Schule. Es bedeutet für diese Kinder eine Chance, selbständige, verantwortungsbewusste und gebildete Erwachsene zu werden und dies braucht das Land so sehr.
9. November 2008
Margarita Tschudi